Der geplante Mainzer Biotech-Campus - eine Jahrhundertchance?

Im Frühjahr 2022 wurde bekannt, dass die Stadt Mainz über das mittlerweile im Bau befindliche Hochschulerweiterungslände hinaus noch einmal gut 50 ha landwirtschaftliche Flächen zu einem Gewerbegebiet machen möchte.
Nach dem Erfolg von BioNTech mit dem Corona-Impfstoff Comirnaty, der der Stadt ungeahnte Steuergelder in die Kassen spülte, sah man den Zeitpunkt gekommen, noch nachdrücklicher auf Biotechnologie zu setzen. Das ist insofern verständlich, als die Stadt natürlich dafür sorgen muss, dass sie aufgrund von Geldmangel nicht handlungsunfähig wird.
Unverständlich ist für uns jedoch, dass die Stadt ökologisch gesehen anscheinend den Ast absägen möchte, auf dem sie sitzt. Obwohl 2019 der Klimanotstand erklärt wurde, wird weiter munter versiegelt - oft mit dem Argument, dass die Planungen schon seit Jahren in der Schublade liegen und dass jetzt endlich der Zeitpunkt gekommen ist, sie umzusetzen.
In der Bretzenheimer Ebene jedoch wird völlig neu geplant. Gut 50 ha, eine Fläche so groß wie 70 Fußballfelder, sollen für ein Gewerbegebiet geopfert werden. Natürlich soll alles vorbildlich ökologisch werden, begrünte Dächer und Fassaden und viel Freifläche zwischen den Gebäuden, eine ordentliche Verkehrsanbindung. Ein Leuchtturmprojekt, gar eine Jahrhundertchance.
2023 hat die Stadt einen städtebaulichen Wettbewerb ausgerufen, der Siegerentwurf sieht fünf Gebäudecluster auf gut 9 ha. Weitere 20 ha werden Verkehrsflächen. Wir fragen: warum braucht man für Gebäudeflächen von insgesamt 9 ha 50 ha landwirtschaftlicher Flächen? Die Stadt sagt: es muss ein Campus sein. Hier sollen sich Start-ups ansiedeln und die Gelegenheit haben, sich untereinander am Kaffeeautomaten zu treffen, um sich spontan austauschen zu können, damit zwanglos wissenschaftlicher Fortschritt entsteht.
Wir fragen uns, ob der potentielle zwanglose Austausch von Start-ups so entscheidend ist, dass dafür das Ökosystem der Bretzenheimer Ebene nach dem Bau der Hochschule mit Wohnheim, des Stadions und des im Bau befindlichen Hochschulerweiterungsgeländes immer weiter verkleinert und damit zerstört werden muss.
Wir sorgen uns um das Mainzer Klima: das Gelände liegt in einer Kaltluftentstehungszone und bildet einen Kaltluftsee, der in der zweiten Nachthälfte über die Saarstraße und durchs Gonsbachtal bis nach Mombach und an die Neustadt fließt und die anliegenden Flächen kühlt.
Wir sorgen uns um die Mainzer Landwirtschaft, die immer weiter eingeschränkt wird.
Wir sorgen uns um die bedrohten und geschützten Tierarten, die dort leben (Feldhase, Feldlerche, Rebhuhn und eventuell noch sehr wenige Hamster), und die zum Leben Ackerflächen brauchen, weil sie genetisch daran angepasst sind.
Wir sorgen uns um die unversiegelten Böden, die Wasser und C02 speichern, in denen Milliarden von Kleinstlebewesen unterwegs sind und Humus schaffen, und die durch Bebauung irreversibel zerstört werden.
Wir sind der Ansicht, dass die Stadt die Pflicht hat, andere Flächen für fünf Gebäudecluster von insgesamt 9 ha zu suchen und zu finden.
Wenn Sie unsere Sorgen und unsere Ansicht teilen, zeichnen Sie bitte die Petition "Keine Neuversiegelung für den Biotech-Campus!" des Netzwerks nachhaltige Stadtentwicklung .